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Wie eine mittelständische Firmen-gruppe durch die Krise navigiert.
Finanzierung
Was zu tun ist, wenn Kreditauflagen brechen.
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Dr. Marco Bargels Finanzmarktbarometer.
Lesedauer: 6 Minuten
Bald müssen wieder alle Kapitalgesellschaften, die ihre Zahlungsverpflichtungen in absehbarer Zeit nicht bedienen können, innerhalb von drei Wochen Antrag auf Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht einreichen. Die Bundesregierung hatte die Insolvenzantragspflicht Ende März 2020 aufgrund der Coronavirus-Pandemie bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Für überschuldete Firmen wurde die Ausnahmeregelung zunächst bis zum Jahresende 2020 und kürzlich nochmals bis zum 30. April 2021 verlängert. Als überschuldet gilt ein Unternehmen, wenn sein Vermögen nicht ausreicht, um seine Verbindlichkeiten zu decken.
Die Ausnahmeregelung hat offensichtlich Wirkung gezeigt: Von März bis Ende September 2020 meldeten deutlich weniger Unternehmen Insolvenz an als üblich. Das Statistische Bundesamt verzeichnet allein für August 2020 rund 40 Prozent weniger neue Insolvenzverfahren als im Vorjahresmonat. Umso sprunghafter könnte die Zahl der Pleiten demnächst zunehmen – nicht nur, weil es dann keine Ausnahmeregelung mehr gibt, sondern auch weil der jüngste Lockdown weitere Unternehmen in Existenznot bringen dürfte. Letzterer könnte Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge der heimischen Wirtschaft ein Minus von 19 Milliarden Euro bescheren. Die Deutsche Bundesbank rechnet in ihrem Basisszenario für das erste Quartal 2021 mit 6.000 Insolvenzen. Das wäre ein Anstieg um mehr als 35 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Und es könnte noch schlimmer kommen: „Wir können nicht ausschließen, dass in einem ungünstigen Szenario deutlich mehr Unternehmen zahlungsunfähig werden als derzeit erwartet“, betont Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch.
Forderungsausfälle in Sicht
Auch Unternehmen, die bislang glimpflich durch die Krise gekommen sind, könnten durch eine Welle von Insolvenzen verstärkt in Mitleidenschaft gezogen werden. Das gilt insbesondere dann, wenn sich der Unternehmenserfolg im Wesentlichen auf Kunden aus Branchen stützt, die von der Krise besonders stark betroffen sind. Neben dem stationären Handel, der Gastronomie, dem Tourismus und der Veranstaltungsbranche sieht das DIW hier die Bereiche Logistik und Unternehmensdienstleistungen als besonders gefährdet an.
Bei der Insolvenz eines Kunden, muss sich der Lieferant in den meisten Fällen mit einem Bruchteil seiner Forderungen begnügen. Wird mangels Masse erst gar kein Insolvenzverfahren eröffnet, müssen die Außenstände in der Regel abgeschrieben werden. Auch bei einer außergerichtlichen Einigung vor der Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel zumindest ein Teil der Forderung verloren.
10 Tipps für das Forderungsmanagement
Unternehmen müssen sich also für 2021 und möglicherweise auch darüber hinaus vermehrt auf Forderungsausfälle einstellen. Unsere Tipps helfen dabei, sich auf den Worst Case vorzubereiten.
1. Rechnungswesen digitalisieren
Gerade wenn vermehrt verspätete Zahlungseingänge und Zahlungsausfälle zu erwarten sind, ist es wichtig, den Überblick zu behalten. Dabei hilft die Digitalisierung des Rechnungswesens. Für Freiberufler und Kleinstunternehmen reichen häufig schon entsprechende Apps für den Tablet-PC oder das Smartphone aus. Im Postbank Business Giro Konto etwa ist die Anwendung Postbank Business Assistent enthalten, mit der sich in wenigen Klicks professionelle Angebote und Rechnungen erstellen und per E-Mail versenden lassen. Mithilfe vorgefertigter Mahnungen können Kunden auf ausstehende Zahlungen hingewiesen werden. Für wachsende Betriebe kommen auch abobasierte Cloudlösungen infrage, die sich je nach Bedarf modular erweitern lassen.
2. Digitale Bezahlmethoden implementieren
3. Zahlungseingänge regelmäßig kontrollieren
Bei Zahlungsausfällen von Kunden sollte sofort reagiert werden. Bei guten Kunden hilft häufig schon ein Gespräch. Nach wiederholter erfolgloser Zahlungsaufforderung muss ein Mahnbescheid beantragt werden. Bei schwierigen Fällen kann ein Inkasso-Unternehmen hinzugezogen werden. Seriöse Dienstleister gibt es beim Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen.
4. Vorschuss aushandeln
Für den Einkauf von Arbeitsmaterial vor der Aufnahme der Arbeiten kann mit dem Kunden ein Vorschuss ausgehandelt werden; ein Drittel der zu erwartenden Rechnungssumme ist üblich.
5. Abschlagszahlungen vereinbaren
Unternehmen, die Waren in Etappen liefern oder Dienstleistungen nach und nach ausführen, können Abschlagszahlungen vereinbaren. Das erhöht nicht nur die Liquidität, sondern sorgt für den Fall der Pleite des Kunden auch dafür, dass erbrachte Leistungen bereits vergütet wurden.
6. Eigentumsvorbehalt geltend machen
Bereits gelieferte Waren können bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Lieferanten bleiben. Im B2B-Bereich wird das durch einen sogenannten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel abgesichert. Ein Vorteil: Sollte der Kunde Insolvenz anmelden, gehört diese Ware nicht zur Insolvenzmasse.
7. Kreditrahmen erhöhen
In Vorausschau auf mögliche Forderungsausfälle kann es sich empfehlen, rechtzeitig mit der Bank einen größeren Rahmen beim Kontokorrentkredit auszuhandeln. Das erhöht auch den finanziellen Spielraum für den Fall, dass Kunden schleppender zahlen als sonst.
8. Forderungen verkaufen
Insbesondere für Unternehmen, die Teil von Lieferketten sind, kann Factoring ein gutes Mittel zur Absicherung gegen Forderungsausfälle sein. Dabei kauft der Factor, in der Regel eine Factoringgesellschaft, fortlaufend die Forderungen eines Unternehmens. Die fälligen Beträge werden zumeist binnen 24 Stunden nach Rechnungsstellung vom Factor ausgezahlt. Für den Service werden in der Regel eine Gebühr und ein Zins für den Zeitraum bis zum Eingang der Zahlung des Debitors beim Factor fällig. Vorteil: Der Factor überprüft die Bonität des Abnehmers und übernimmt die vollständige Absicherung für den Delkrederefall.
9. Auf professionelle Bonitätsprüfung setzen
Je mehr Informationen ein Unternehmen über die Bonität eines Kunden hat, desto besser kann es dessen Zahlungsverhalten einschätzen. Vor allem bei Neukunden und größeren Auftragsvolumina sollten Unternehmen für die Bonitätseinschätzung auf die Unterstützung durch Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa oder CRIF Bürgel setzen.
10. Verjährungsfristen beachten
Rechtzeitig vor dem Jahreswechsel sollte geprüft werden, für welche Rechnungen die Verjährungsfrist von drei Jahren nach Rechnungsstellung akut wird. Denn danach entfällt die Möglichkeit, Forderungen einzuklagen. Ist eine Forderung uneinbringlich geworden, so kann die bereits an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer zurückgefordert werden.
Neue Sanierungsmöglichkeit ab 2021
Ab Januar 2021 sollen Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, ein neues Instrument nutzen können, das ihnen vor einer möglichen Insolvenz helfen soll, ihre Geschäfte wieder ins Laufen zu bringen: die sogenannte präventive Sanierung. Dieser Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen im Rahmen das neuen Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts ist für Gesellschaften gedacht, bei denen Zahlungsunfähigkeit droht, aber noch nicht eingetreten ist. Diese Unternehmen erhalten über die präventive Sanierung die Chance, sich mithilfe eines Restrukturierungsplans neu aufzustellen.
Vorteile:
Bildnachweise
Aufmacherfoto: iStockphoto / wutwhanfoto
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